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Warenkorb-Abbrecher-Emails - Eine gute Idee?

Warenkorb-Abbrecher-Emails - Eine gute Idee?
Foto von Wesley Mc Lachlan auf Unsplash
Was im Offlinehandel so gut wie nicht vorkommt, ist im Ecommerce an der Tagesordnung: Besucher Ihres Shops legen Waren in den virtuellen Warenkorb, gehen zur Kasse, schließen den Kauf aber nicht ab. Sollten Sie diese Besucher nun per Email an Ihren nicht abgeschlossenen Kauf erinnern?

Nicht abgeschlossene Käufe - sog. Warenkorbabbrüche - können vielfältige Ursachen haben:

  • Zu hohe Versandkosten
  • Der Kunde sieht erst beim Checkout, dass Sie nicht in sein Land versenden
  • Sie bieten die vom Kunden präferierte Zahlungsart nicht an
  • Der Kunde hat es sich anders überlegt
  • usw.

In manchen Fällen könnte man solche Kunden noch "bekehren", indem man das Problem oder Missverständnis, das zum Warenkorbabbruch geführt hat, ausräumt. Da Sie die Email-Adresse des Kunden am Ende des Checkout-Prozesses ggf. schon haben, könnte man nun auf die Idee kommen, den Kunden per Email zu kontaktieren, um den Kauf vielleicht doch noch zu einem Abschluss zu bringen.

Shopify bietet in den teureren Tarifen für diese Erinnerungsmails an Warenkorbabbrecher sogar ein eigene Funktion an. Obwohl dieses Verfahren durchaus eine recht hohe Erfolgsquote haben kann, sollte man davon in Deutschland keinen Gebrauch machen. Denn diese Art der Kontaktaufnahme stellt u. U. eine wettbewerbswidrige Handlung dar, die abmahnbar ist und sie verstößt ggf. auch gegen das Datenschutzrecht. Dies berichtet Protected Shops in einem aktuellen Beitrag zum Thema.

Wettbewerbsrecht

Grund für die Einstufung als wettbewerbswidrig ist, dass diese Emails eindeutig werbenden Charakter haben: Sie dienen einzig dem Zweck, den Kunden zum Abschluss eines Kaufs zu animieren. Da der Kunde (bzw. zu diesem Zeitpunkt eher der Besucher oder Interessent) in aller Regel (noch) keine ausdrückliche Einwilligung zur Kontaktaufnahme erteilt hat, wären diese Erinnerungsmails unerlaubte Werbung.

Datenschutz

Obendrein verstoßen diese Erinnerungsmails gegen den Datenschutz. Denn als Händler darf man die Daten des Kunden nur zum Zwecke der Vertragsabwicklung speichern. Wenn der Kunde aber - z.B. eben durch das "Stehenlassen" seines Warenkorbs - sich gg. den Vertragsabschluss entscheidet, muss der Händler bereits erfasste Daten wieder löschen.

Fazit

Onlinehändler in Deutschland (und ggf. auch innerhalb der gesamten EU) sollten also von Erinnerungsmails an Warenkorbabbrecher eher keinen Gebrauch machen. Rechtslage und Rechtssprechung scheinen eindeutig zu sein und eine entsprechende, gerechtfertigte Abmahnung kann teuer werden.

Um den Anteil an abgebrochenen Warenkörben zu verringern, empfiehlt es sich stattdessen eher, den Checkout-Prozess zu optimieren, die Versandkosten zu reduzieren (oder ganz abzuschaffen), etc. Denn nicht abgeschlossene Käufe sind immer ein Hinweis auf Probleme und Ineffizienzen in Ihrem Shop. Und es wird ohnehin immer einen gewissen Anteil an Besuchern geben, die Sie auch mit einer Erinnerungsmail nicht umstimmen könnten. Damit muss man als Händler einfach leben.

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Shopify in Deutschland nutzen - Teil 2: Preisangaben
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